Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) beklagt Wettbewerbsverzerrungen durch gestiegene Standortkosten in Deutschland und hat ein umfassendes Papier zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des Luftfrachtstandortes Deutschland vorgestellt. Nach Angaben des BDL zählen die deutschen Frachtflughäfen und Frachtairlines zu den bedeutendsten weltweit und stellen die engmaschige Anbindung der deutschen Wirtschaft an ihre globalen Märkte sicher. Doch stetig verschlechternde Rahmenbedingungen gefährden diese Spitzenposition.
Fünf-Punkte-Programm vorgelegt
Das Fünf-Punkte-Programm des BDL trägt den Titel "Starke Luftfracht für eine starke deutsche Wirtschaft“. Es benennt Wettbewerbsverzerrungen durch stark gestiegene Standortkosten, die ungleiche Auslegung von EU-Vorschriften sowie Potenziale für Automatisierung und Digitalisierung.
"Wir möchten mit der neuen Bundesregierung und den zuständigen Behörden schnellstmöglich über unser Fünf-Punkte-Programm ins Gespräch kommen, denn die einst starke Wettbewerbsposition der Luftfracht in Deutschland gerät akut unter Druck. Jeder vierte Euro im Außenhandel mit Ländern außerhalb der EU hängt an der Luftfracht. Wer die deutsche Wirtschaft wieder nach vorn bringen will, darf auch die Logistik dahinter nicht vergessen.“
Aufgrund der großen Bedeutung des Luftfrachtstandortes Deutschland unterstützt auch die Vertretung der internationalen Fluggesellschaften BARIG (Board of Airline Representatives Germany) die Forderungen. So sichert Luftfracht wie kein anderes Verkehrsmittel die Anbindung der deutschen Wirtschaft an ihre weltweiten Märkte. Innerhalb weniger Stunden erreichen dringend benötigte Ersatzteile, ganze Maschinen oder lebensrettende Medikamente ihre Empfänger an nahezu jedem Ort auf dem Globus.
In diesem Zusammenhangt führte auch Claus Wagner, Vorstandsvorsitzender des Verband der Air Cargo Abfertiger Deutschlands (VACAD), in einer weiteren Stellungsnahme hierzu aus:
"Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) hat sich heute zum Luftfrachtstandort Deutschland geäußert und in diesem Rahmen ein Positionspapier zur einheitlichen Umsetzung von EU-Standards für Luftsicherheit veröffentlicht. Der Verband der Air Cargo Abfertiger Deutschlands (VACAD) ist mit dem BDL im engen Austausch über Themen wie die Zuverlässigkeits-überprüfung (ZÜP), alternative Sonderkontrollverfahren und die Zulassung neuer Kontrolltechniken sowie Schulungsanforderungen für Luftsicherheitskontrollassistenten und Beteiligte der Sicheren Lieferkette und unterstützt die Forderungen des BDL an Politik und Behörden vollumfänglich. Sicherheit hat höchste Priorität in der Luftfahrt. Eine striktere Auslegung von EU-Regeln in Deutschland führt aber nicht zu mehr Sicherheit, sondern zu einem massiven Standortnachteil. Wir brauchen dringend ein Level Playing Field auf europäischer Ebene und beschleunigte Prozesse wie eine Digitalisierung der Prozessketten im Luftfahrt-Bundesamt (LBA). Solange das nicht angegangen wird, verliert der Standort Deutschland gegenüber dem benachbarten EU-Ausland weiter an Boden“.
Kernforderungen des Fünf-Punkte-Programms
Die Kernforderungen des Fünf-Punkte-Programms "Starke Luftfracht für eine starke deutsche Wirtschaft“ sind daher:- Reduzierung der staatlichen Standortkosten: Nötig sind Entlastungen bei den Flugsicherungsgebühren, eine wettbewerbsneutrale Ausgestaltung des EU-Klimaschutzpaketes „Fit for 55“ und die sofortige Streichung der nationalen PtL-Quote.
- Einheitliche Umsetzung der EU-Standards für Luftsicherheit: Durch alternative, praxisnahe Anwendung wird in Nachbarländern dasselbe hohe Sicherheitsniveau bei geringerem Aufwand erreicht.
- Bedarfsgerechte Betriebszeiten an den Luftfracht-Drehkreuzen: Bereits heute gibt es teilweise Einschränkungen der Betriebszeiten. Weitere Einschnitte würden die Wettbewerbsfähigkeit gefährden. Daher ist der Status quo langfristig zu sichern.
- Einheitliche Umsetzung der EU-Zollstandards: Der BDL spricht sich für eine Vereinfachung, Digitalisierung und Automatisierung der Zollprozesse aus, um eine schnelle Abfertigung zu gewährleisten.
- Vereinfachte Einfuhrumsatzsteuer-Erhebung: Die Einführung des in den meisten europäischen Ländern angewendeten Verrechnungsmodells führt zur Senkung der Importkosten und des administrativen Aufwands bei Staat und Wirtschaft.
Die von BDL vorgestellten Maßnahmen führen laut des Verbandes zu einer umfassenden Kostensenkung am Luftfrachtstandort Deutschland. Eine umfassende Entbürokratisierung der Prozesse ist essenziell, damit Deutschland wieder eine nachhaltige Spitzenposition im Fracht- und Logistikgeschäft belegen kann. Auf der Website des BDL kann das Maßnahmenpaket für den Luftfahrtstandort Deutschland heruntergeladen werden.
Warenströme fließen aufgrund hoher Kosten zunehmend an deutschen Flughäfen vorbei
Im Rahmen der Studie konnte der BDL nach seinen Angaben nachweisen, dass seit einigen Jahren immer mehr für Deutschland bestimmte Luftfracht über Drehkreuze im EU-Ausland und in Drittstaaten transportiert wird. Bereits heute hat der Luftfrachtstandort Deutschland nach Aussage des Branchenverbandes aufgrund der herausfordernden Standortbedingungen den Anschluss an den weltweiten Boom des Frachtgeschäfts verloren. Für das laufende Jahr erwartet das Bundesverkehrsministerium ein minimales Wachstum von 1,1 Prozent auf Ein- und Ausladungen von insgesamt rund fünf Millionen Tonnen. Dagegen geht der Weltairlineverband IATA von einem weiteren Anstieg des globalen Frachtaufkommens von 6,0 Prozent im Jahr 2025 aus.
Investitionen in Milliardenhöhe an Deutschen Flughäfen
Mit Investitionen in Milliardenhöhe gehen die deutschen Luftfracht-Airlines und Flughäfen in Vorleistung. Lufthansa Cargo modernisiert derzeit in Frankfurt das "Lufthansa Cargo Center“ im laufenden Betrieb von Grund auf für rund 600 Millionen Euro. Rund 500 Millionen Euro fließen in den Ausbau des Flughafens Leipzig/Halle. Mit Investitionen von über 100 Millionen Euro hat der Expressfracht-Dienstleister DHL bereits 2024 am Flughafen München eine deutliche Erweiterung des Standortes abgeschlossen. Fraport, Betreibergesellschaft des Frankfurter Flughafens, rüstet sich mit dem "Masterplan CargoHub“ mit Blick auf das Jahr 2040 für einen Anstieg des jährlichen Luftfrachtaufkommens um rund 50 Prozent. Damit sich diese Investitionen auch langfristig bezahlt machen, ist die Branche auf die richtigen Rahmenbedingungen angewiesen.