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Euclid Launch in den USA
Start von Euclid am 1. Juli 2023 in Cape Canaveral - Bild: Credit SpaceX/ESA

Das Weltraumteleskop Euclid ist am 1. Juli 2023 um 17:12 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ) erfolgreich vom US-Weltraumbahnhof Cape Canaveral gestartet worden. Um 17:56 Uhr MESZ wurde das Signal der Raumsonde vom Europäischen Raumflugkontrollzentrum der ESA (ESOC) bereits in Darmstadt empfangen. Damit ist das Teleskop auf dem Weg zu seinem in 1,5 Millionen Kilometer entfernten zweiten Lagrange-Punkt (L2), den es nach einer vierwöchigen Reise erreichen und umkreisen wird.

Auf sechs Jahre ausgelegte Euclid Mission

Euklid von Alexandria gilt als der „Vater“ der Geometrie. In seinem berühmtesten Werk „Elemente“ trug er das Wissen der Mathematik seiner Zeit zusammen, stellte es einheitlich dar und prägte eine strenge Beweisführung, die zum Vorbild für die spätere Mathematik wurde. Nach Euklid sind daher viele Strukturen, Sätze und Beweise benannt – und jetzt auch ein Weltraumteleskop. Mit dem Start der Euclid-Mission der Europäischen Weltraumorganisation ESA an Bord einer Falcon-9-Rakete des US-Raumfahrtkonzerns SpaceX wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mehr darüber herausfinden, wie die Geometrie unseres Universums basierend auf der darin enthaltenen Materie und Energie sich ändert. Nach seiner vierwöchigen Reise wird das rund zwei Tonnen schwere Teleskop den zweiten Lagrange-Punkt (L2) umkreisen, der in 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt in entgegengesetzter Richtung zur Sonne liegt. L2 ist ein sogenannter Gleichgewichtspunkt des Sonne-Erde-Systems, der der Erde auf ihrer Bahn um die Sonne folgt. Deutschland ist der größte Beitragszahler im ESA-Wissenschaftsprogramm und trägt somit rund 21 Prozent zur Euclid-Mission bei. Im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ist die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR für die Koordinierung der deutschen ESA-Beiträge verantwortlich. Darüber hinaus fördert sie eines der beiden Instrumente des Teleskops inklusive Software für die Datenverarbeitung und einem Datenzentrum mit mehr als 60 Millionen Euro bis zum Betriebsende der auf sechs Jahre ausgelegten Mission über das Nationale Raumfahrtprogramm.

Ungelöste Rätsel in der Kosmologie entschlüsseln

„Die europäische Mission Euclid wird den Astronomen dabei helfen, noch bislang ungelöste Rätsel in der Kosmologie zu entschlüsseln. Wie sein prominenter Namensgeber wird auch das europäische Weltraumteleskop die Geometrie des Universums nutzen, um Dunkle Materie und Dunkle Energie zu suchen. Diese Bestandteile machen zusammen 95 Prozent unseres Universums aus. Dennoch blieben uns ihre Geheimnisse bislang verborgen. Mit Euclid wird Europa gemeinsam mit unseren Partnern aus Kanada, Japan und den USA dazu beitragen, Licht ins Dunkel des Universums zu bringen“, betont Dr. Walther Pelzer, DLR-Vorstand und Leiter der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR.

Mission zur Erforschung von dunkler Materie und dunkler Energie

Die ESA-Mission Planck bestätigte, dass wir in einem flachen – auch bekannt als Euklidischen – Universum leben, das genau auf der Trennlinie zwischen ewiger Ausdehnung und Zusammenbruch liegt. Dieses Phänomen ist von der Dichte der gesamten Materie im Universum abhängig. Aber die gesamte sichtbare Materie im Universum – und zwar vor allem Galaxienhaufen und Sterne - macht nur fünf Prozent der Masse aus, die für ein flaches Universum erforderlich ist. In der Gleichung des Universums musste also etwas Unbekanntes existieren, dass neben der sichtbaren Materie im Dunklen liegt – etwas, dass nicht mit dem Licht in Wechselwirkung tritt. Diese Materie wurde von den Astronomen als „Dunkle Materie" bezeichnet.

Edwin Hubble beobachtete 1929, dass die Galaxien von uns weg driften und die weiter abgelegenen Galaxien sich schneller als nahe gelegene Galaxien entfernen. Diese Beobachtung lieferte den Hinweis darauf, dass sich das Universum ausdehnt. Im Jahr 1998 entdeckten dann die späteren Nobelpreiseträger Saul Perlmutter, Brian Schmidt und Adam Riess, dass diese Expansion des Universums möglicherweise in den letzten zehn Milliarden Jahren sogar wieder beschleunigt ist. Diese Entdeckung hat enorme Auswirkungen auf die Kosmologie, denn um diese Beschleunigung zu erklären, fehlte eine weitere Unbekannte in der Gleichung des Universums. Es muss ein negativer Druck existieren, der das Universum auseinanderschiebt: Die Astronomen haben diese Unbekannte „Dunkle Energie" genannt.

Ausgestattet mit High-Tech Instrumenten

„Euclid wird zehn Milliarden Jahre in die kosmische Vergangenheit zurückblicken und die Geometrie und das Wachstum des Universums untersuchen. Darin bildet das Weltraumteleskop die Verteilung der Dunklen Materie über den größten Teil des Himmels in drei Dimensionen ab und untersucht die Verteilung der Galaxienhaufen in diesem Zeitintervall, in dem die Dunkle Energie eine wichtige Rolle spielt. Dafür ist die Raumsonde mit einem Teleskop und zwei Instrumenten, dem Nahinfrarot-Spektrometer und Photometer (NISP) sowie dem Visible Instrument (VIS) ausgestattet“, erklärt Dr. Alessandra Roy, Euclid-Projektleiterin in der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR.

Das Teleskop besitzt einen Durchmesser von 1,2 Metern und leitet den Infrarotanteil (Wellenlänge: 900 bis 2.000 Nanometer) des Lichts zum NISP-Instrument. Außerdem reflektiert es das sichtbare Licht (Wellenlänge: 550 bis 900 Nanometer) in das VIS-Instrument. Um die wissenschaftlichen Ziele zu erreichen, müssen die Euclid-Wissenschaftler die Helligkeit der beobachteten Galaxie in Abhängigkeit von ihrer Entfernung sowohl im sichtbaren als auch im infraroten Wellenlängenbereich kennen. Dies wird von VIS und dem Nahinfrarot-Photometer als Teil von NISP erfüllt. Das Nahinfrarot-Spektrometer übernimmt die Messung des „Wasserstoff-Fingerabdrucks“ in den Galaxienhaufen, um die Veränderung der Expansion des Universums zu messen.

Viele Partner tragen zur Euclid Mission bei

Euclid ist die zweite M-Klasse-Mission aus dem „Cosmic Vision“-Programm der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Das Service-Modul und die Satellitenplattform werden von Thales Alenia Space bereitgestellt. Die zwei Instrumente wurden von einem Konsortium bereitgestellt, das aus 14 ESA-Mitgliedsstaaten (Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Finnland, Italien, die Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Rumänien, die Schweiz, Spanien und Großbritannien), Kanada, Japan sowie den USA besteht und an dem 2.600 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beteiligt sind. Das Nutzlastmodul steht unter der Verantwortung von Airbus. Es umfasst das Teleskop, das Thermalkontrollsystem, den Feinsteuerungssensor sowie die zwei wissenschaftlichen Instrumente, die vom internationalen Euclid-Konsortium beigesteuert werden.

Die Studien zum NISP-Instrument wurden in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching geleitet. Zudem entwickelten die Ludwig-Maximilians-Universität in München, die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn sowie die Ruhr Universität Bochum Software für Euclid und sind mit erheblichen finanziellen Mitteln beteiligt. Weitere Beiträge stammen vom Astronomy Technology Centre in Großbritannien, vom Commissariat à l’énergie atomique et aux énergies alternatives in Frankreich und vom Jet Propulsion Laboratory in den USA. Deutschland ist der größte Beitragszahler im ESA-Wissenschaftsprogramm und trägt somit rund 21 Prozent zur Mission bei. Im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ist die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR für die Koordinierung der deutschen ESA-Beiträge verantwortlich. Darüber hinaus fördert sie eines der beiden Instrumente des Teleskops inklusive Software für die Datenverarbeitung und einem Datenzentrum mit mehr als 60 Millionen Euro bis zum Betriebsende der auf sechs Jahre ausgelegten Mission über das Nationale Raumfahrtprogramm.

Video vom Euclid Raketenstart

Das folgende Video zeigt Bilder vom Start des Weltraumteleskop Euclid in Cape Canaveral (Kennedy Space Center):

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